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2002

Stuttgart-Hedelfingen

2002: Gebetstreffen im „Untergrund“ des Werkes Hedelfingen

Seit Mai 2002 treffen sich einige gläubige Daimler-Mitarbeiter im Werk Hedelfingen in den Pausenzeiten, um über ihren gemeinsamen Glauben und ihre Erfahrungen mit Jesus am Arbeitsplatz zu reden, die Bibel zu lesen und zu beten. Im Januar 2019 gab Markus Schmid, Industriemechaniker in der Getriebemontage, einen kurzen Rückblick über seine bislang gemachten Erfahrungen:

„Im Mai 2002 hatte ich einen Arbeitskollegen, der gegenüber dem christlichen Glauben sehr offen war. Er war sehr interessiert und hörte gut zu, wenn ich ihm in den Pausen von Jesus erzählte. Er war sehr an Computerspiele und pornografische Filme gebunden, aber er hatte den Wunsch, Gott näher kennenzulernen und seine Laster loszuwerden. Wir trafen uns regelmäßig in den Pausen, um uns über den christlichen Glauben zu unterhalten. 

Es begann auf einer eisernen Treppe

Eines Tages gingen wir in einer Pausenzeit von der Werkshalle aus ins Untergeschoss und entdeckten dort in den angenehm warmen Kellergängen eine kleine Metalltreppe. Diese Treppe (siehe Foto) wurde ab diesem Tag zu einem regelmäßigen Pausentreffpunkt. Wir saßen dort, redeten miteinander, lasen die Bibel und beteten zusammen. Das waren die Anfänge unseres Gebetskreises in Hedelfingen.

In den „Katakomben“ des Werkes Hedelfingen (Foto: Markus Schmid, 2002)

Eiserne Treppe als Pausentreffpunkt (Foto: Markus Schmid, 2002)

Die “Daimler-Kirche”

Etwas später entdeckten wir, dass sich unweit von dieser Treppe eine Tür zu einem Gang befand, an dessen Ende sich ein „kleines Stadion“ befand, ein offener Raum der von drei Seiten tribünenartig nach unten ging. Dort konnte man weitaus bequemer sitzen als auf der Metalltreppe im Kellergang.

Wir brachten später einen kleinen Teppich und Kunstblumen mit, um den Raum etwas ansehnlicher zu gestalten. Auf die kahle Wand malten wir ein Kreuz und schrieben Bibelverse. Ferner legten wir Traktate aus und hingen ein Schild mit der Aufschrift “Daimler-Kirche” auf.

Gebetstreffen in den „Katakomben“ (Foto: Markus Schmid, 2004)

Willkommen in der Daimler-Kirche (Foto: Markus Schmid, 2004)

Viele meiner Kollegen wussten, dass ich bekennender Christ bin und so passierte es nicht selten, dass sie mir weitere Christen vermittelten – oft mit den Worten: ‚Da ist noch so ein Heiliger wie Du‘. Unsere Gruppe im ‚Untergrund‘ wuchs weiter an. Wir trafen uns sowohl während der Frühschichtpause von 12:35 – 13:05 Uhr als auch während der Spätschichtpausen von 17:45 – 18:15 Uhr und 21:30 – 21:45 Uhr. Teilweise nahmen auch gläubige Werkstudenten und -studentinnen an den Pausentreffs teil (siehe Foto unten).

Gebetstreffen während der Pausen in Früh- und Spätschicht (Foto: Markus Schmid, 2004)

Weitere Freund- und Bekanntschaften

Etwa im Jahr 2004/2005 fiel mir am Waschbecken ein weiterer Kollege auf, weil er mich immer so freundlich anstrahlte. Ich beobachtete ihn über eine gewisse Zeit und dachte bei mir: ‚Entweder dieser Kollege ist „an mir interessiert“ oder er ist ein Christ.‘ Letzteres traf zu. Nach nur kurzer Zeit stellte ich fest, dass auch er ein gläubiger Christ war. Mit diesem Kollegen entstand eine enge Freundschaft. Außer in den betrieblichen Pausenzeiten trafen wir uns häufig auch schon morgens vor der Frühschicht um 5:00 Uhr, um den Tag mit einem morgendlichen Gebetsspaziergang in freier Natur auf den Feldern zu beginnen. Danach fuhren wir gemeinsam zur Arbeit.

Mit einem anderen Kollegen kam ich auf der Toilette beim Händewaschen ins Gespräch, als er einmal von sich gab: ‚Meine Oma hat gesagt, jeder müsse sein Kreuz tragen‘. Als ich erwiderte: ‚Für mich hat das Kreuz ein anderer getragen‘, meinte er: ‚Ach, Du bist auch so einer!‘ So erkannten wir beide, dass wir Nachfolger Jesu waren.

Interessanterweise vermittelte mir sogar einmal ein moslemischer Kollege einen an Jesus gläubigen Kollegen, der mit ihm auf der gleichen Schicht arbeitete. Da der moslemische Kollege von meinem Glauben wusste, verwies er seinen Kollegen an mich mit den Worten: ‚Das ist auch so einer wie Du‘. Auch zu diesem Kollegen entstand eine enge Freundschaft.

Herausfordernde T-Shirts

Um meine Kollegen auf den Glauben aufmerksam zu machen, trug ich immer wieder T-Shirts mit herausfordernden Aufschriften, wie z.B. ‚Last Exit before Hell‘, ‚Ohne Jesus – vergebens gelebt‘ oder ‚Ich werde nicht sterben, nur umziehen‘. Diese T-Shirts waren oft der Anlass für tiefgehende Glaubensgespräche.

T-Shirts mit herausfordernden Aufschriften (Fotos: Markus Schmid, 2006)

Ende der Treffen im Untergrund

Unsere Treffen in den Kellerräumen des Hedelfinger Werks fanden über 8 Jahre von Mai 2002 bis August 2010 statt. Für eine gewisse Zeit trafen wir uns sogar mehrmals täglich, jeweils in den Pausen. Am 31. August 2010 ereignete sich dann aber Folgendes: An der Tür zu unserem ‚Untergrundstadion‘ hing ein Schild mit der Warnung, dass es aus Sicherheitsgründen nicht zulässig sei, sich länger im Keller aufzuhalten. Es handele sich um einen Versorgungskanal, der nur mit einem Gaswarngerät betreten werden dürfe. Es könnten sich in diesem Versorgungskanal gesundheits- oder sogar lebensgefährliche Schadstoffe bilden.

Mein freundlich gesonnener Teamleiter hatte dies veranlasst und auch offen mit mir darüber gesprochen. Ich verstand, dass dies kein Vorwand war, um uns von unseren Treffen abzuhalten. Dieser Teamleiter, der sich inzwischen im Ruhestand befindet, wohnt im gleichen Dorf wie ich. Ich besuche ihn und seine Frau auch heute noch regelmäßig.

Hinweis zum Versammlungsverbot in den Kellerräumen (Foto: Markus Schmid, August 2010

Dort beten, wo es nach Öl riecht

Mit dem Kellerraumverbot gaben wir unsere Gebetstreffen keinesfalls auf. Schon bald nach Beendigung der Treffen in den Kellerräumen erteilte uns ein ebenfalls gläubiger Meister die Genehmigung, während der Pausen ein Besprechungszimmer nutzen zu dürfen. Dieses Zimmer konnten wir zwischen 2012 und 2015 immerhin für ca. 3-4 Jahre nutzen. Weil dieser Raum aber inzwischen anderweitig belegt ist, sind wir aktuell erneut auf der Suche nach einem Raum. Bis dahin beten wir dort, wo es nach Öl riecht und die Maschinen brummen.“

Im Werk Hedelfingen (Foto: Markus Schmid, Januar 2017)

Mitglieder des Hedelfinger Gebetskreises (Foto: Markus Schmid, Januar 2017)